Gebäude Nr. 59

 

Vom Ausflugslokal zum Verwaltungsgebäude bis hin zum Operationssaal

 

Das Gebäude mit der Nummer 59 ist das einzige Gebäude dass bereits erbaut war bevor das Gelände 1917 an die Reichsmarine  verkauft wurde und das Öllager in Bleckede entstand. Entspechend seiner wechselvollen Geschichte (Nutzung) wurde dieses Gebäude mehrfach aus-, und umgebaut.

 

Bild 1: Ausflugslokal „Waldhalle“, Ansichtskarte 1911, Quelle: Rolf & Co. Hannover.

 

Im Ursprung handelte es sich bei dem Gebäude um eine Gastwirtschaft. Die „Waldhalle“ war um 1900 als Ausflugslokal des Bleckeder Hoteliers Dittmer gebaut worden.

In dieser Zeit bestand noch die Bleckeder Kreisbahn (Schmalspur 1895-1922). Die Bahnlinie nach Dahlenburg über Nindorf, Göddingen, Barskamp, Schieringer Forsthaus, Tosterglope, Horndorf, Dahlenburg, Gut Horn und Dahlenburg Bahnhof, verlief am südlichen Ortsausgang von Bleckede direkt neben der Chaussee.

Bleckeder Bürger ließen es sich nicht nehmen mit der Bahn an Feiertagen ins „Grüne“ zu fahren.

 

Bild 2: Bleckeder Kreisbahn hält an der Waldhalle, Blickrichtung Nordost, Ansichtskarte gelaufen 1902, Quelle: Verlag Wilhelm Riege, Photograph, Lüneburg.

 

Der Name „Waldhalle“ stammt von einem kleinen Pavillon, den der damalige Besitzer Otto Dittmer, ganz im Geiste des beginnenden 20. Jahrhunderts, für Ausflugsgäste auf seinem Grundstück im Wald neben dem eigentlichen Lokal erbaute. Es ist nicht belegt, ob Pavillon und Ausflugslokal gemeinsam oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten erbaut wurden.

 

Bild 3: Pavillon „Waldhalle“, Ansichtskarte 1911, Quelle: Rolf & Co. Hannover.

 

Bild 3: Die „Waldhalle“ Ansichtskarte gelaufen 1911, Quelle: Wilhelm Riege, Photograph, Atelier Lüneburg.

 

Das Ausflugslokal bot auch für andere Gelegenheiten Platz. So wurde am 18., 19., 20. und 25. Mai 1913  das erste Verbandsschießen des Schützenkreises Bleckede hier abgehalten. Auf älteren Lageplänen ist hier auch ein Schießstand (eine Schießbahn) eingezeichnet.

 

Bild 4: Die „Waldhalle“ im Lageplan von 1917, Quelle: Archiv Landkreis Lüneburg

 

Im Bild 5 ist ein Blick aus dem Wald heraus auf beide Gebäude der „Waldhalle“ abgebildet (links über dem Hügel ist das Schild auf dem Pavillon zu erkennen). Eindrucksvoll erscheinen hier Hügel und die Höhenlage im Gelände, die bei den Bauarbeiten zum Öllager 1917 verschwanden.

 

Bild 5: Partie im Spröckel, Ansichtskarte ohne Datum, Quelle: Verlag Theodor Sattler, Bleckede, No. 2801.

 

1916/17 war das gesamte Gelände mit den Gebäuden an das Marineamt verkauft worden. Zu diesem Zeitpunkt war die endgültige Entscheidung über die Einrichtung und den Bau eines Öl-Lagers in Bleckede bereits gefallen. Als die Bauarbeiten begannen wurde in der „Waldhalle“ das Baubüro eingerichtet. Siehe dazu auch den Bericht Nr. 4 der Ölhofwerkstatt.

 In welchem Umfang das Gebäude in der Zeit von 1917 bis 1945 umgebaut wurde, ist nicht bekannt. Ein Vergleich mit Bildern aus späterer Zeit deutet auf  bauliche Veränderungen im Bereich der Giebelkonstruktion und auf einen Anbau hinter dem Gebäude hin. Im Gebäude waren neben Büroräumen der Verwaltung auch Wohnräume für Angestellte und Arbeiter im Ölhof eingerichtet worden.

 Ab 1948 wurden die Gebäude im Ölhof als Krankenhaus zur Behandlung von Tuberkulose-Patieneten genutzt.  Aus dieser Zeit sind einige Aufnahmen überliefert. Siehe dazu auch: Das Krankenhaus.  Das Gebäude diente zur Unterbringung von Untersuchungs und Behandlungsräumen.

 

Bild 8: Behandlungstrakt der Lungenabteilung des städt. Krankenhaus Lüneburg in Bleckede ca. 1950, Anm.: Vor dem Gebäude steht der erste Nachkriegs-Krankenwagen des Lankreis Lüneburg.

 

Bild 9: Seitenansicht des Gebäudes ca. 1950

 

Nach 1960 fanden vermutlich die größten Umbauten am ehemaligen Gebäude Nr.59 statt. Damit im Haus Räume entstehen konnten in denen Patienten nach dem Stand der Medizin untersucht und auch operiert werden konnten, wurden alle Leitungen und Anschlüsse neu verlegt. Wände mussten ebenso versetzt werden. Nur die Außenwände bleiben an ihrem Ursprungsort stehen. Letztendlich blieb von der ursprünglichen, rustikalen Fachwerkkonstruktion nicht viel übrig.

 

Bild 10: Südseite mit neuer Dachkonstruktion, hinter dem linken (vorgesetzten) Fenster befans sich der Operationsraum, ca. 1965

 

Bild 11: Norost-Ansicht mit Blick auf die bis dahin, hinter dem Gebäude entstandenen, Anbauten ca. 1965, Sammlung Bendler.

 

Das Gebäude war in die Gesamtanlage integriert. Die gesamte Dachkonstruktion wurde erneuert. Die First-Line  auf dem  Dach verlief nun durchgehend (teilweise um 90° gedreht). Die ursprüngliche „Waldhalle“ war verschwunden.

In den Jahren 1969 bis 1972 fanden im Krankenhaus Bleckede umfangreiche Baumaßnahmen zur Erweiterung und Modernisierung statt. So wurde direkt an den alten Untersuchungstrakt ein Gebäude zur Erweiterung (Diagnostik, Labor) angebaut.

 

Bild 12: Anbau aus dem Jahr 1969/72 aufgenommen 2005, Foto Bendler.

 

Seit Mitte der neunziger Jahre waren alle Gebäude im ehemaligen Krankenhaus mehr oder weniger dem Verfall preisgegeben. Das Gebäude der Patienetenaufnahme bzw. der Untersuchungs- und Behandlungstrakt blieben nicht verschont. Eines Tages wurden illegal Altreifen auf der Einfahrt vor dem Behandlungstrakt „entsorgt“.

 

Bild 13: Altreifen vor dem durch Vandalismus zerstörten Anbau, 2006, Foto Bendler.

 

 

Im Juli/August 2008 wurden die Gebäudereste abgerissen und die Fundamente aus dem Boden herausgebaggert. Einig Arbeiter hatten die Gebäude innerhalb einer Woche beseitigt. Anschließend wurde das Gelände planiert. Bilder 16 bis 20 Aug. 2008, Fotos Bendler

 

 

Jeder Stein, der an die an die vielseitige Geschichte dieses Ortes erinnerte, ist verschwunden. Dort wo die Gebäude einmal standen wachsen mittlerweile Kiefern.

 

 

 

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